Reflexionen über Fragen der Forschung
Offenheit des Netzes
Überlegungen nach dem Bundestreffen am 12.10.1996
Eintrag 2
Jean-Pol Martin (15.10.96)
Die Veranstaltung war sehr gut besucht und insgesamt ein großer Erfolg. Auffällig war
das junge Alter vieler Teilnehmer. Die LdL-Methode scheint Schüler und Referendare
besonders anzuziehen. Auch Kollegen, die ein Alter erreicht haben, wo man sich in Ruhe und
ohne Umstellungen auf die Pension freuen könnte, zählen zu den Begeisterten.
Aus meiner Sicht liegt ein wesentlicher Faktor unseres Erfolges darin, daß wir im
Gegensatz zu "Verbänden" oder "Vereinen" völlig offen sind. Wer sich
einbringen will, kann es auf jeder Ebene der Struktur tun. Zur Kerngruppe kann z.B. jeder
zustoßen, der sich besonders engagieren will; wer auf Regional- oder Bundestreffen als
Referent eine AG anbieten will, braucht nur ein Thema vorzuschlagen, und schon ist er im
Programm. Bei dieser geringen "Kontrolle" besteht natürlich die Gefahr, daß
manche AGs zum Flopp werden; andererseits gibt das vielen, vor allem jungen Kollegen, die
Möglichkeit, ihre Ideen vor einem kompetenten Publikum vorzustellen. Ich glaube, hier ist
Offenheit vorzuziehen, auch wenn es passieren kann, daß Kollegen, die von weitem zu einer
LdL-Tagung heranreisen, manchmal mit Recht vergrämt sind. Aber selbst durch die
Verärgerung wird oft eine positive Dialektik eingeleitet: mißgestimmte Kollegen setzen
ihre kritischen Überlegungen positiv um und bieten beim nächsten Treffen selbst eine AG
an. (Meine Überlegungen wurden dadurch ausgelöst, daß ein von weitem angereister
Kollege zwei AGs besucht hatte, in denen frontal doziert wurde - was natürlich ein
Paradoxon darstellt, wenn man LdL vorstellen will! Er hat mir seinen Unmut mitgeteilt, und
mich zum Nachdenken angeregt. Wichtiger noch war, daß er seine Kritik auch den AG-Leitern
vorgebracht hat. Es ist davon auszugehen, daß auf diese Weise ein Lernprozeß eingeleitet
wurde, und daß die Kollegen beim nächsten Mal anstelle von Frontalvorträgen Workshops
veranstalten werden.)
Abschließend denke ich also, daß die Dynamik und Kraft der "LdL-Bewegung"
aus dieser Mischung von Schon-Wissenden und Bald-Wissenden, von Schon-Experten und
Bald-Experten herrührt. Jeder Teilehmer ist potentiell ein Referent. Das läßt
natürlich viel Raum für Imperfektionen. Aber die Dynamik nährt sich von der gemeinsamen
Überwindung von Imperfektionen. Dies gilt sowohl für den LdL-Unterricht im Klassenzimmer
als auch für den Auftritt von LdL-Referenten (seien es Kollegen, seien es Schüler) auf
Veranstaltungen.
Fragen und Kommentare: jpm@ldl.de
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