Paris-Torcy

Schüler erkunden die "villes nouvelles"

Laufzeit: 31 min
Sachgebiete: Pädagogik, Schulpädagogik, Theorie der Schule, Methoden, Kommunikation und Interaktion, Fachdidaktiken,
Französisch, Französisch-Landeskunde
Adressaten: Sekundarbereich I; Realschule; Gymnasium; Inegrierte Gesamtschule (ab Schuljahr 8); Sekundarstufe II; Gymnasiale Oberstufe; Erziehungswissenschaftliche Ausbildung, Fachwissenschaftliche Ausbildung. Fortbildung, Erwachsenenbildung.
Lernziele Vertraut werden mit einem schüleraktivierenden Konzept der Landeskundearbeit; erkennen, daß Schüler nach geeigneter Vorbereitung komplexe Situationen im Zielland bewältigen können; Ziellandsituationen kennenlernen, die für die Entwicklung von Schülerkompetenzen förderlich sind.
Vorkenntnisse "Aktive Schüler lernen besser - Neue Wege im Französisch-Unterricht"; "Schüler organisieren ihren Unterricht selbst - Neue Wege im Französischunterricht" ; "Schüler zwischen formaler Sprache und freiem Ausdruck - Neue Wege im Französischunterricht"; Gutes bis sehr gutes Hörverstehen
Vorbemerkung Wenn es stimmt, daß Menschen ihre Fähigkeiten in aktiver Auseinandersetzung mit ihrer Umwelt aufbauen, dann kommt dem Erzieher die Aufgabe zu, geeignete Umwelten anzubieten und die Lerner so zu unterstützen, daß sie das Angebot optimal ausnutzen können. Die Qualität einer Lernumwelt läßt sich wiederum an ihrem Komplexitätsgrad messen. An anderer Stelle wurde dokumentiert, daß im Fremdsprachenunterricht angemessene Komplexität des Geschehens durch Übertragung von Lehrfunktionen auf Schüler zu erreichen ist. Nun wird gezeigt, wie im Rahmen der Landeskunde die fremde Wirklichkeit als komplexes Lernfeld angeboten und für einen Anstieg der fachspezifischen und fachübergreifenden Schülerkompetenzen nutzbar gemacht werden kann.
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Zum Inhalt

Seit einigen Jahren besteht ein Schüleraustausch zwischen dem Willibald-Gymnasium in Eichstatt und dem CES Louis Aragon in Torcy. Diese Stadt liegt etwa 35 km östlich von Paris und ist in ein umfassendes städtebauliches Programm eingeschlossen, das die Umgestaltung der Pariser Region durch die Entwicklung von wirtschaftlich autonomen Ballungszentren um die Hauptstadt herum vorsieht. Besonders eindrucksvoll ist vielfach die architektonische Konzeption dieser "villes nouvelles", deren eindrucksvollote Symbole, z. B. das "théâtre" und die "arènes de Picasso" in Torcy, international Aufsehen erregen.

Das Erkundungsprojekt steuert zwei Erkenntnisebenen an:

  • Einmal gilt es, die objektiven Strukturmerkmale der Stadt und die ihnen zugrundeliegenden städtebaulichen Intentionen herauszuarbeiten;
  • zum anderen soll die subjektive Perspektive der Menschen, die in ihr leben, dokumentiert werden.

Im Spannungsfeld zwischen diesen beiden Ebenen entwickelt sich die Dramaturgie des Films. Gezeigt werden Erkundungsarbeiten, die von zwei Schülergruppen durchgeführt werden, wobei die eine sich schwerpunktmäßig mit jugendspezifischen Aspekten, die andere mit der Stadtstruktur befaßt.

Der Ablauf der geordneten Ereigniskette läßt sich folgendermaßen beschreiben: Die erste Sequenz zeigt Mitglieder der Arbeitsgruppe "Jugend" als Gäste im Sendestudio eines "Radio-libre". Sie werden live vom Moderator der Sendung wegen ihres Projektes interviewt. Danach treffen sich die Schüler mit dem Jugendreferenten der Stadt: er informiert sie über das Freizeitangebot in Torcy. Es folgt ein Gespräch zwischen dem 2. Bürgermeister und den Mitgliedern der Gruppe "Stadtstruktur". Hierbei schildert der Interviewte Entstehung und Struktur des Ballungsgebietes. Im Anschluß daran sind die Schüler auf dem Marktplatz bei der Befragung von Bürgern zu sehen. Sie wollen erfahren, wie es sich in Torcy leben läßt. Um die Erkundung ergänzend abzuschließen, werden die architektonischen Wagnisse "le théâtre" und "les arènes de Picasso" erforscht. Dies geschieht in Begleitung eines Vertreters der Bauträger und einer am Projekt beteiligten Architektin.

Nun ist die Zeit gekommen, das Erkundete zu reflektieren: in einem Pariser Café versuchen Martin und seine Schüler einen zusammenfassenden Eindruck herauszuarbeiten. In der darauf folgenden Szene wird deutlich, daß der Aufenthalt zu Ende ist: einige Schülerinnen sprechen über die Gefühle, die zwischen ihnen und ihren Gastfamilien entstanden sind. Die letzte Sequenz zeigt schließlich Szenen aus der Abschlußparty.

Zur Verwendung

Als theoretischer Hintergrund dienen folgende Überlegungen: Entwicklungsprozesse verlaufen in einem kontinuierlichen, dialektischen Fortschreiten von Differenzierung und Generalisierung. Bezogen auf ein landeskundliches Projekt heißt dies, daß vor der Begegnung mit einer fremden Welt eine kognitive Vorbereitung anzubieten ist, die notwendig einen typisierenden, generalisierenden Charakter einnimmt. Die so entstandene kognitive Landkarte soll einen allzu starken Einbruch des Emotionalen bei der Begegnung mit der Realität ("Kulturschock") verhindern helfen. Die Planung von Erkundungsaufträgen bekommt dieselbe Funktion: durch die Bereitstellung eines kognitiven Haltes und die Ausrichtung auf bestimmte kognitive Ziele (selektive Wahrnehmung) wird den Schülern eine Distanzierungsmöglichkeit verschafft. Im Feld selbst werden die im Unterricht aufgebauten Schemata emotional gefüllt und kognitiv differenziert, womöglich durch andere Typisierungen ersetzt. Aufgabe des Lehrers ist es dann, das komplexer gewordene und mit zahlreichen Widersprüchen behaftete Realitätsbild zu einem neuen Ganzen zu integrieren.

Beim Einsatz des Films empfiehlt es sich, die Teilnehmer in Gruppenarbeit die einzelnen Situationen nach der Qualität der in ihnen gestellten Anforderungen an die Schüler analysieren zu lassen. So wäre beispielsweise zu erkennen, daß die stärkste emotionale Belastung beim "Radio-libre", die größte kognitive Anstrengung dagegen im Gespräch mit den Architekten auftritt. Gleichzeitig müßte überlegt werden, wie der Lehrer die Schüler auf die jeweiligen Situationen sprachlich, intellektuell und affektiv vorbereitet hat. Schließlich sollten die organisatorischen Schritte rekonstruiert werden, die notwendig waren, um das Vorhaben in dieser Form zu verwirklichen. Aus diesen Analysen und Beobachtungen dürften Impulse zur Durchführung ähnlicher Projekte zu beziehen sein.

 
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